Bedingt durch unsere Sommerpause vereint das Juli-August-Programm zwei Jahrgänge, 1962 und 1972. Während 1962 durch Erneuerungsbewegungen im europäischen Kino geprägt ist, trumpft 1972 Francis Ford Coppola mit seinem epochemachenden The Godfather auf.
1962 war für Hollywood ein Krisenjahr, wie es der Tod Marilyn Monroes nur äusserlich markierte: Das Studiosystem mit seinen Stars hatte weitgehend ausgedient, und während das europäische Kino etwa mit Nouvelle Vague und Free Cinema ganz im Zeichen des Aufbruchs stand, hatten die jungen Wilden von New Hollywood noch nicht begonnen, das amerikanische Kino mit ihrer frischen Herangehensweise zu durchlüften. Entsprechend ist unsere Auswahl vom europäischen Kino dominiert. Sie vereinigt mehrere Erstlings- und Zweitlingsfilme, etwa Cléo de 5 à 7 von «Nouvelle-Vague-Mutter» Agnès Varda, Mamma Roma von Pier Paolo Pasolini und Das Messer im Wasser, den ersten und einzigen polnischen Langspielfilm von Roman Polanski; sie zeigt aber auch eine neue Tendenz auf, politisch engagiertes, zeitkritisches Kino zu machen, etwa mit Salvatore Giuliano von Francesco Rosi oder The Loneliness of the Long Distance Runner von Tony Richardson.
1972 ist der Wandel in den USA vollzogen, das US-Kino ist mit neuer Kraft präsent. In Europa begeistert Federico Fellini mit seiner Stadt-Hommage Roma, Altmeister Ingmar Bergman mit Schreie und Flüstern, während Bernardo Bertolucci mit Last Tango in Paris einen wohlkalkulierten Skandal inszeniert. Paul Leduc schliesslich setzt mit seiner romantikfreien Schilderung des Engagements von Reporter John Reed in Reed, México insurgente neue Massstäbe für das mexikanische Kino.
Weitere wichtige Filme von 1962
A Kind of Loving (John Schlesinger, GB)
Cape Fear (J. Lee Thompson, USA)
Carnival of Souls (Herk Harvey, USA)
Cronaca familiare (Valerio Zurlini, Frankreich/Italien)
Der Geschmack von Makrelen (Sanma no aji) (Yasujiro Ozu, Japan)
Dr. No (Terence Young, GB)
Iwans Kindheit (Ivanovo detstvo) (Andrej Tarkowskij, UdSSR)
Jules et Jim (François Truffaut, Frankreich)
La commare secca (Bernardo Bertolucci, Italien)
Lawrence of Arabia (David Lean, GB)
Le doulos (Jean-Pierre Melville, Frankreich/Italien)
Le procès de Jeanne d’Arc (Robert Bresson, Frankreich)
Lolita (Stanley Kubrick, GB)
Pagador de promessas (Anselmo Duarte, Brasilien)
Ride the High Country (Sam Peckinpah, USA)
Sanjuro (Tsubaki Sanjuro) (Akira Kurosawa, Japan)
The Longest Day (Ken Annakin, USA)
The Man Who Shot Liberty Valance (John Ford, USA)
The Miracle Worker (Arthur Penn, USA)
To Kill a Mockingbird (Robert Mulligan, USA)
Vivre sa vie (Jean-Luc Godard, Frankreich)
What Ever Happened to Baby Jane? (Robert Aldrich, USA)
Weitere wichtige Filme von 1972
Aguirre, der Zorn Gottes (Werner Herzog, BRD)
Cabaret (Bob Fosse, USA)
César et Rosalie (Claude Sautet, Frankreich)
Der Fall (Kurt Früh, Schweiz)
Die bitteren Tränen der Petra von Kant (Rainer Werner Fassbinder, BRD)
Una pelea cubana contra los demonios (Tomás Gutiérrez Alea, Kuba) Everything You Always Wanted to Know About Sex… (Woody Allen, USA)
Fat City (John Huston, USA)
Heute Nacht oder nie (Daniel Schmid, Schweiz/BRD)
I raconti di Canterbury (Pier Paolo Pasolini, Frankreich/Italien)
L’amour l’après-midi (Eric Rohmer, Frankreich)
Les arpenteurs (Michel Soutter, Schweiz)
Les noces rouges (Claude Chabrol, Frankreich)
Ludwig (Luchino Visconti, Italien/BRD)
Roter Psalm (Miklós Jancsó, Ungarn)
São Bernardo (Leon Hirszman, Brasilien)
Super Fly (Gordon Parks Jr., USA)
The Getaway (Sam Peckinpah, USA)
The Harder They Come (Perry Henzell, Jamaika)
Tout va bien (Jean-Luc Godard / Jean-Pierre Gorin, Frankreich)