Das erste Jahrhundert des Films: 1970

M*A*S*H (Robert Altman, USA)

In Vietnam ist die Moral der US-amerikanischen Truppen auf einem Tiefpunkt; Präsident Nixon beginnt zwar mit dem versprochenen Rückzug, sendet 1970 aber Truppen zur erweiterten Kriegsfront nach Kambodscha, woraufhin es zur grössten Antikriegsdemonstration in den USA kommt. Bevor der Vietnamkrieg in Filmen explizit thematisiert wird, taucht er als Subtext auf, in diesem Jahr etwa in zwei bahnbrechenden New-Hollywood-Filmen: In Robert Altmans M*A*S*H sind die Anspielungen der im Koreakrieg angesiedelten Handlung auf den Vietnamkrieg unübersehbar. Die subversive Antikriegskomödie spaltet die Nation denn auch wie kaum ein anderer Film: Kriegsbefürworter rufen zum Boykott auf, während Kriegsgegner ihm zu einem nie erwarteten kommerziellen Erfolg verhelfen. Arthur Penn wiederum macht im bitterbösen Antiwestern Little Big Man mit einer überaus kritischen Sicht auf die Rolle der US-Armee auch seine Anti-Vietnamkriegs-Haltung deutlich. Ein weiterer Antiwestern kommt vom chilenischen Filmemacher Alejandro Jodorowsky: Sein surrealer El Topo ist ein intensiver Rausch der Fantasie, der zu einem Manifest der Hippie-Kultur wird und als Midnight-Movie Kultstatus erlangt. Einen Skandal entfacht in diesem Jahr Donald Cammells und Nicolas Roegs Performance, ein klassisches Gangster-Movie in der ersten Hälfte, ein psychedelischer Cocktail aus Sex, Drugs und Rock ’n’ Roll in der zweiten. Das subversive Werk floppt, wird aber mit der Zeit ebenfalls zum typischen Midnight-Movie und gilt heute als verkannter Klassiker. Bernardo Bertolucci gelingt mit Il conformista der Durchbruch: Sein eleganter Politthriller ist eine Abrechnung mit der Generation der Väter und dem Faschismus. Und Kurt Früh überzeugt mit Dällebach Kari: Der eindrucksvolle Film ist mit seinem bei allem humoristischen Schwung doch sehr melancholischen Unterton einer seiner poetischsten Filme und gilt auch heute noch als Meisterwerk.

  • Zabriskie Point (Michelangelo Antonioni, USA)
  • Woodstock (Michael Wadleigh, USA)
  • Wanda (Barbara Loden, USA)
  • Tristana (Luis Buñuel, Sp/I/F)
  • Rote Sonne (Rudolf Thome, BRD)
  • Patton (Franklin J. Schaffner, USA)
  • Les choses de la vie (Claude Sautet, F)
  • Le fou (Claude Goretta, CH)
  • Le cercle rouge (Jean-Pierre Melville, F/I)
  • L’aveu (Costa-Gavras, F/I)
  • Husbands (John Cassavetes, USA)
  • Hospital (Frederick Wiseman, USA)
  • Gimme Shelter (Albert Maysles u. a., USA)
  • Five Easy Pieces (Bob Rafelson, USA)
  • Deep End (Jerzy Skolimowski, GB/BRD)
  • Catch-22 (Mike Nichols, USA)
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DAS ERSTE JAHRHUNDERT DES FILMS: 1976

  • All the President's Men (Alan J. Pakula, USA 1976)
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Das erste Jahrhundert des Films: 1994

Pulp Fiction (Quentin Tarantino, USA)

Von der gnadenlos coolen Unterwelt L.A.s (Pulp Fiction), dem neongrellen Moloch Hongkong (Chungking Express) und dem schillernden Traumreich aus Neuseeland (Heavenly Creatures), über einen poetischen Abstecher in die Welt arabischer Frauen in Tunesien (Les silences du palais), mitten in die schwelenden Konflikte in Mazedonien (Before the Rain), hinein in die trügerische Harmonie eines strahlendschönen Sommertags in Russland (Soleil trompeur) und in Kieślowskis vielschichtiges Panorama menschlicher Entfremdungsformen (Trois couleurs: Rouge) führt diesmal die Jahrhundertfilmreise. 1994 ist ein Jahrgang prall mit formal gewagten, brillanten filmischen Erzählungen und aufregenden Inszenierungen, die das Kino nachhaltig verändert oder geprägt haben – grosses Kino, das schockiert, überwältigt und berührt.

  • Durch den Olivenhain (Abbas Kiarostami, Iran)
  • Eat Drink Man Woman (Ang Lee, Taiwan/USA)
  • Ed Wood (Tim Burton, USA)
  • Exotica (Atom Egoyan, Kanada)
  • Forrest Gump (Robert Zemeckis, USA)
  • Four Weddings and a Funeral (Mike Newell, GB)
  • Hoop Dreams (Steve James, USA)
  • Il postino (Michael Radford, I)
  • Léon (Luc Besson, F)
  • Les roseaux sauvages (André Téchiné, F)
  • Muriel’s Wedding (P. J. Hogan, Australien)
  • Natural Born Killers (Oliver Stone, USA)
  • Pom Poko (Isao Takahata, J)
  • Riget (Lars von Trier, Dänemark)
  • Sátántangó (Bela Tarr, Ungarn)
  • Shallow Grave (Danny Boyle, GB)
  • The Adventures of Priscilla, Queen of the Desert (Stephan Elliott, Australien/GB)
  • The Lion King (Roger Allers, Rob Minkoff, USA)
  • The Shawshank Redemption (Frank Darabont, USA)
  • Trois couleurs: Blanc (Krzysztof Kieślowski, F/Pol/CH)

Weitere wichtige Filme von 1994

Durch den Olivenhain (Abbas Kiarostami, Iran)
Eat Drink Man Woman (Ang Lee, Taiwan/USA) 
Ed Wood (Tim Burton, USA)
Exotica (Atom Egoyan, Kanada)
Forrest Gump (Robert Zemeckis, USA)
Four Weddings and a Funeral (Mike Newell, GB) 
Hoop Dreams (Steve James, USA)
Il postino (Michael Radford, I)
Léon (Luc Besson, F)
Les roseaux sauvages (André Téchiné, F) 
Muriel’s Wedding (P. J. Hogan, Australien)
Natural Born Killers (Oliver Stone, USA) 
Pom Poko (Isao Takahata, Japan)
Riget (Lars von Trier, Dänemark) 
Sátántangó (Bela Tarr, Ungarn) 
Shallow Grave (Danny Boyle, GB)
The Adventures of Priscilla, Queen of the Desert (Stephan Elliott, Australien/GB)
The Lion King (Roger Allers, Rob Minkoff, USA)
The Shawshank Redemption (Frank Darabont, USA)
Trois couleurs: Blanc (Krzysztof Kieślowski, F/Pol/CH)

Das erste Jahrhundert des Films: 1942

Nach dem Überfall auf Pearl Harbor Ende 1941 wurde das Kriegs- geschehen definitiv zum Weltkrieg. Die Filme des Jahres 1942 sind vor diesem Hintergrund zu sehen: als Propagandafilme, Evasionskino oder Schilderungen der Ernüchterung.

This Gun for Hire (Frank Tuttle, USA)

Ein Pfarrer, der beim Predigen auf der Kanzel so lange mit der Pistole spielt, die er unter der Soutane versteckt hat, bis sich ein Schuss löst – zeitgenössische Kritiker bemängelten, Leopold Lindtberg und vor allem seine Produktionsfirma Praesens zeigten in Der Schuss von der Kanzel «Angst vor der Wirklichkeit» und würden sich mit der Wahl der Conrad-Ferdinand-Meyer-Novelle als Vorlage in ein unpolitisches Kostümland zurückziehen. Tatsächlich ist darin keine Geistige Landesverteidigung à la Füsilier Wipf, Gilberte de Courgenay und Landammann Stauffacher auszumachen. Und doch: Die Nähe zum Militärischen in einer Zeit mitten im Krieg ist wohl kein Zufall.

Am 7. Dezember 1941 überfiel Japan Pearl Harbor, am 8. Dezember traten die USA in den Zweiten Weltkrieg ein. Dies wird in Yankee Doodle Dandy, einem der drei Filme, die Michael Curtiz 1942 realisierte, schon thematisiert; Casablanca, Curtiz’ sicher bekanntester Film aus diesem Jahr, muss noch während den Dreharbeiten angesichts der Kriegsentwicklung immer wieder umgeschrieben werden. Mrs. Miniver, eine in England spielende amerikanische Produktion, wird von vielen schlicht als Propagandafilm, als Vorbereitung für den Eintritt der USA in den Krieg verstanden: «Seht», scheint er zu sagen, «diese Engländer sind (fast) wie wir – wir können sie angesichts der Bedrohung nicht im Stich lassen.» Viele Filme entstehen mit direkter staatlicher Unterstützung oder in Zusammenarbeit mit dem Kriegsministerium: One of Our Aircraft is Missing von Powell/Pressburger, In Which We Serve von David Lean und Noel Coward in England, in den USA John Fords Dokumentarfilm The Battle of Midway. Auch Ernst Lubitsch nimmt das Zeitgeschehen mit To Be or Not to Be auf; er aber musste sich später immer wieder vorhalten lassen, er habe keine Ahnung vom Ausmass der Naziverbrechen gehabt und habe diese verharmlost.

Neben Filmen mit direktem Kriegsbezug gab es auch eskapistische – Wiener Blut von Willi Forst etwa –, aber zunehmend auch solche, in denen Ernüchterung, ja Pessimismus sich breit macht: The Magnificent Ambersons rechnet mit dem Fortschrittsglauben ab, in dem er den Preis dafür benennt, und This Gun for Hire und The Glass Key deuten mit ihrer Grundstimmung schon an, wohin sich der Film noir entwickeln wird.

  • Footlight Serenade (Gregory Ratoff, USA)
  • Casablanca (Michael Curtiz, USA)
  • Dernier atout (Jacques Becker, F)
  • Desperate Journey (Raoul Walsh, USA)
  • Die goldene Stadt (Veit Harlan, D)
  • In Which We Serve (David Lean, Noel Coward, GB)
  • Noi vivi (Goffredo Alexandrini, I)
  • One of Our Aircraft Is Missing (Michael Powell, Emeric Pressburger, GB)
  • Saboteur (Alfred Hitchcock, USA)
  • The Talk of the Town (George Stevens, USA)
  • To Be or Not to Be (Ernst Lubitsch, USA)
  • Bambi (David Hand/Walt Disney Studio, USA)
  • L'assassin habite au 21 (Henri-Georges Clouzot, F)
  • The Palm Beach Story (Preston Sturges, USA)
  • Yankee Doodle Dandy (Michael Curtiz, USA)
  • Woman of the Year (George Stevens, USA)
  • Wiener Blut (Willi Forst, D)
  • Went the Day Well? (Alberto Cavalcanti, GB)
  • The Glass Key (Stuart Heisler, USA)
  • The Black Swan (Henry King, USA)
  • Native Land (Paul Strand, Leo Hurwitz, USA)
  • Maschenka (Juli Raisman, UdSSR)
  • Listen to Britain (Humphrey Jennings, UK)
  • Les inconnus dans la maison (Henri Decoin, F)
  • La symphonie fantastique (Christian-Jaque, F)
  • Jungle Book (Alexander Korda, USA)
  • I Married a Witch (René Clair, USA)
  • Gentleman Jim (Raoul Walsh, USA)
  • Cat People (Jacques Tourneur, USA)
  • Bengasi (August Genina, I)

Weitere wichtige Filme von 1942

Bambi (David Hand/Walt Disney Studio, USA)
Bengasi (August Genina, I)
Casablanca (Michael Curtiz, USA)
Cat People (Jacques Tourneur, USA) 
Dernier atout (Jacques Becker, F)
Desperate Journey (Raoul Walsh, USA)
Die goldene Stadt (Veit Harlan, D)
Footlight Serenade (Gregory Ratoff, USA) 
Gentleman Jim (Raoul Walsh, USA)
I Married a Witch (René Clair, USA)
In Which We Serve (David Lean, Noel Coward, GB) 
Jungle Book (Alexander Korda, USA)
La symphonie fantastique (Christian-Jaque, F) 
L’assassin habite au 21 (Henri-Georges Clouzot, F) 
Les inconnus dans la maison (Henri Decoin, F) 
Listen to Britain (Humphrey Jennings, UK)
Maschenka (Juli Raisman, UdSSR)
Native Land (Paul Strand, Leo Hurwitz, USA) 
Noi vivi (Goffredo Alexandrini, I)
One of Our Aircraft Is Missing (Michael Powell, Emeric Pressburger, GB)
Saboteur (Alfred Hitchcock, USA)
The Black Swan (Henry King, USA)
The Glass Key (Stuart Heisler, USA)
The Palm Beach Story (Preston Sturges, USA)
The Talk of the Town (George Stevens, USA) 
To Be or Not to Be (Ernst Lubitsch, USA) 
Went the Day Well? (Alberto Cavalcanti, GB) 
Wiener Blut (Willi Forst, D)
Woman of the Year (George Stevens, USA) 
Yankee Doodle Dandy (Michael Curtiz, USA)