Das erste Jahrhundert des Films: 1946

The Big Sleep (Howard Hawks, USA)

Kurz nach dem Krieg richtet sich der Blick gleichzeitig auf eine schwierige Gegenwart und eine ungewisse Zukunft: Im ersten deutschen Nachkriegsfilm, Die Mörder sind unter uns, manifestieren sich in den expressionistisch ausgeleuchteten Ruinen des zerstörten Berlin die Schatten als stumme Zeugen der Vergangenheit und gleichzeitig als Seelenlandschaft der deutschen Bevölkerung. Demgegenüber zeichnet Roberto Rossellinis Paisà in sechs Episoden ein nüchternes Bild Italiens und steht damit paradigmatisch für den damals bahnbrechenden italienischen Neorealismus, der sich von der Filmästhetik der Kriegsjahre abwendet und in möglichst unverfälschter Form der Wirklichkeit zu begegnen versucht. Mit The Best Years of Our Lives verschliesst sich auch Hollywood nicht der Nachkriegsrealität und zeigt in ungewohnter Deutlichkeit die problematische Rückkehr dreier Veteranen in die Heimat. Das Jahr 1946 spiegelt sich in indirekter Form im verwirrenden Plot von Howard Hawks Film-noir-Klassiker The Big Sleep: Der ahnungslose Privatdetektiv Philip Marlowe personifiziert die Ängste und eine grundlegende Verunsicherung am Ausgang des Zweiten Weltkriegs. Mit Fantastik wiederum begegnen La Belle et la Bête und A Matter of Life and Death der Gegenwart. Oftmals als Eskapismus fehlinterpretiert, werfen die Filme vielmehr einen ungewohnten, von Hoffnung geprägten Blick auf ihre Zeit.

  • Duel in the Sun (King Vidor, USA)
  • Fünf Frauen um Utamaro (Utamaro o meguru gonin no onna) (Kenji Mizoguchi, J)
  • Gilda (Charles Vidor, USA)
  • Great Expectations (David Lean, GB)
  • It’s a Wonderful Life (Frank Capra, USA)
  • Jugend ohne Reue (Waga seishun ni kuinashi) (Akira Kurosawa, J)
  • La bataille du rail (René Clément, F)
  • Les portes de la nuit (Marcel Carné, F)
  • My Darling Clementine (John Ford, USA)
  • Notorious (Alfred Hitchcock, USA)
  • Panique (Julien Duvivier, F)
  • Sciuscià (Vittorio De Sica, I)
  • The Killers (Robert Siodmak, USA)
  • The Stranger (Orson Welles, USA)
  • The Postman Always Rings Twice (Tay Garnett, USA)
  • Unter den Brücken (Helmut Käutner, D)

Weitere wichtige Filme von 1946

Duel in the Sun (King Vidor, USA)
Fünf Frauen um Utamaro (Utamaro o meguru gonin no onna) (Kenji Mizoguchi, JI
Gilda (Charles Vidor, USA)
Great Expectations (David Lean, GB)
It’s a Wonderful Life (Frank Capra, USA)
Jugend ohne Reue (Waga seishun ni kuinashi) (Akira Kurosawa, J)
La bataille du rail (René Clément, F)
Les portes de la nuit (Marcel Carné, F)
My Darling Clementine (John Ford, USA)
Notorious (Alfred Hitchcock, USA)
Panique (Julien Duvivier, F)
Sciuscià (Vittorio De Sica, I)
The Killers (Robert Siodmak, USA)
The Postman Always Rings Twice (Tay Garnett, USA)
The Stranger (Orson Welles, USA)
Unter den Brücken (Helmut Käutner, D)

EIN ABEND MIT FERNANDO PÉREZ

 

Der kubanische Cineast Fernando Pérez, der 2016 mit einer Friedrich-Dürrenmatt-Gastprofessur bedacht wurde und mehrere Monate in der Schweiz weilte, beehrte am 15. April auch das Filmpodium, wo er seine Filme Madrigal und La vida es silbar vorstellte.

Moderation: Corinne Siegrist-Oboussier
Übersetzung: Sabina Brocal
Fotos: Sibylle Meier