Mit dem Sprung ins Jahr 1931 gelangen wir in eine zweite grosse Pionierzeit des Kinos: Der Tonfilm, 1928 im grossen Stile lanciert, erschliesst sich sein Territorium und steckt in Hollywood mit Dracula, Frankenstein und Dr. Jekyll and Mr. Hyde quasi innert Jahresfrist den «Claim» des Horrorfilms ab. Das Gleiche lässt sich für den amerikanischen Gangsterfilm sagen, der 1931 mit Little Caesar und Public Enemy eine doppelte Initialzündung erlebt. In Frankreich kommen im gleichen Jahr Renoirs La chienne, Clairs Le million sowie die erste Pagnol-Verfilmung, Marius, heraus, an denen nicht zuletzt jener soziale Realismus auffällt, der auch in deutschen 31er-Filmen wie Kameradschaft, Berlin Alexanderplatz oder Emil und die Detektive noch blüht, bis ihm die Nazis den Garaus machen. Auffallend aber auch die Parallelen zu und zwischen den japanischen Meistern Naruse, Gosho und Ozu, die 1931 alle einen ihrer zahlreichen Filme aus dem Kleinbürgermilieu inszenieren und teilweise auch nach Tonfilmen nochmals zum Stummfilm zurückkehren.
Andreas Furler, Corinne Siegrist-Oboussier
Weitere wichtige Filme von 1931:
A nous la liberté (René Clair, F)
An die Arbeit (Mikio Naruse, Japan)
Der Chor von Tokio (Yasujiro Ozu, Japan)
Der Kongress tanzt (Erik Charell, D)
Die Dreigroschenoper (Georg Wilhelm Pabst, D)
Die Nachbarin und meine Frau (Heinosuke Gosho, Japan)
Dishonored (Josef von Sternberg, USA)
Dracula (Tod Browning, USA)
Frankenstein (James Whale, USA)
La chienne (Jean Renoir, F)
Mädchen in Uniform (Leontin Sagan/Carl Froelich, D)
Marius (Alexander Korda, F)
Platinum Blonde (Frank Capra, USA)
Rich and Strange (Alfred Hitchcock, GB)
Street Scene (King Vidor, USA)
Tabu (Friedrich Wilhelm Murnau, USA)
The Criminal Code (Howard Hawks, USA)
The Front Page (Lewis Milestone, USA)
The Smiling Lieutenant (Ernst Lubitsch, USA)
The Yellow Ticket (Raoul Walsh, USA)
Working Girls (Dorothy Arzner, USA)