In Memoriam: Francis Reusser

Francis Reusser und Fredi Murer am 24.2.2019 im Filmpodium

Es war abzusehen: Schon letztes Jahr, als er durch die Schweiz reiste, um seinen autobiografischen Dokumentarfilm La séparation des traces anlässlich des Kinostarts vorzustellen, wurde klar, dass Francis Reusser todkrank war. Er raffte sich zwar noch zu Gesprächen auf, bei denen er mit erstaunlicher Energie als «raconteur» seines eigenen Lebens aus dem Vollen schöpfte, auch bei seinem Auftritt im Filmpodium am 24. Februar 2019, aber seine Kräfte ließen nach und mussten vorsichtig eingeteilt werden. So war er zwar noch in der Lage, letzten Sommer telefonisch zu seinem Film Le grand soir ausführlich und mit viel Selbstironie Auskunft zu geben, als ich diesen Locarno-Gewinner deutsch untertitelte; als es aber darum ging, ob er im Januar 2020 nochmals nach Zürich kommen könnte, um unsere kleine Hommage zu präsentieren, winkte er traurig ab. Nun ist er am 10. April im Alter von 77 Jahren gestorben. Mit ihm verliert die Schweiz einen ihrer profiliertesten Filmemacher, dem gerade in der Deutschschweiz leider nicht die gebührende Beachtung geschenkt wurde.

Michel Bodmer

Francis Reusser im Filmpodium

Am Sonntag, 24. Februar 2019 war Francis Reusser aus Anlass des Kinostarts seiner filmischen Rückschau auf sein Leben und sein Werk, La séparation des traces (2018), in Zürich im Kino Kosmos zu Gast.

Das Filmpodium nutzte die Gelegenheit um, ebenfalls in Anwesenheit des Regisseurs, zwei seiner Frühwerke zu zeigen, Vive la mort (1969) und Seuls (1981), jüngst restauriert von der Cinémathèque suisse.

1942 in Vevey geboren, war Francis Reusser mehr als die älteren Cineasten der Groupe 5 ein Angehöriger der 68er-Generation, der sich offen und laut gegen die herrschenden Verhältnisse auflehnte und explizit politische Themen ansprach. Auch war das Frauenbild in seinen Filmen differenzierter, vielleicht dank der Mitwirkung von Patricia Moraz und Christiane Grimm bei Reussers Drehbüchern.

Auch Fredi Murer liess sich die Gelegenheit nicht entgehen, seinen alten Freund in Zürich zu begrüssen. Das Gespräch mit Francis Reusser führte Franziska Trefzer, Dozentin an der Hochschule Luzern.