«Es gibt keine Garbo, es gibt keine Dietrich, es gibt nur Louise Brooks!» Also sprach Henri Langlois, Direktor der Pariser Cinémathèque, und lancierte in den 50er-Jahren das Revival dieser fast vergessenen Ikone. Es gibt viele gute Gründe, Brooks eine Reihe zu widmen.
Aber Louise Brooks und gleichzeitig King Vidor? Zweimal Hollywood mit Stummfilmen? Das ist weder komplementär noch publikumsfreundlich!
Nun, auf den ersten Blick ist das tatsächlich so. Und es war ja auch anders geplant: Im April/Mai-Programm sollten ursprünglich der längst vorgesehenen Brooks-Retrospektive Filme aus Albanien gegenübergestellt werden. Da jedoch die Filmarchive viele Unikate und Raritäten aus ihren Beständen nicht mehr oder nur noch selten herausrücken, sind wir beim Kuratieren zunehmend gezwungen, auf die augenblickliche Verfügbarkeit von Material auf dem «Markt» zu reagieren. Es stellte sich heraus, dass die albanischen Filmklassiker aus der Hoxha-Zeit im Februar in Wien und Frankfurt laufen und im März in Zürich gezeigt werden müssen, da diese Kopien nicht beliebig lange im Umlauf sein dürfen. Und dann bot die Berlinale dem Filmpodium an, ihre diesjährige Retrospektive zu King Vidor zu übernehmen, was ebenfalls nur zeitlich befristet möglich war. Das Brooks-Programm zu verschieben, war jedoch keine Option; bei der ZHdK war bereits ein Plakat in Arbeit und dessen Aushang gebucht. So sind wir mitunter durch die Fristen anderer Institutionen fremdbestimmt.
Nun trifft es zu, dass Louise Brooks und King Vidor kurz gleichzeitig in Hollywood tätig waren. Aber 1928, als Vidor The Crowd, The Patsy und Show People schuf, sprang Brooks bereits nach Europa ab, wo sie ihre drei wichtigsten, gänzlich unamerikanischen Filme über männliche Begierde und weibliche Selbstbehauptung drehte. Und anders als Brooks, die 1938 ihre Schauspielkarriere begrub, drehte Vidor noch zwanzig Jahre lang weitere Spielfilme.
Wenn Ihnen diese zwei Hauptreihen immer noch zu ähnlich sind: Das aktuelle Programm hält zwei weitere Schwerpunkte bereit. Zum einen widmen wir dem jüngst verstorbenen Kirk Douglas eine kleine Hommage (ja, ja, schon wieder Hollywood – aber nochmals ganz anders), und zum andern bietet die diesjährige Gewinnerin des Pink Apple Festival Award, Ulrike Ottinger, quasi das Gegenstück zur Brooks-Reihe: den queer-weiblichen Blick auf die Welt, ein unverwechselbar schräges Universum, das bis heute zu befremden vermag.
Michel Bodmer
Hallo! Ich mag deine Schreibweise sehr! Danke für das Teilen.