Editorial: Zwischen Goodbye & Welcome

The Single Standard von John S. Robertson

Corinne Siegrist-Oboussier, die Leiterin des Filmpodiums, ist am 30. November nach 16 Jahren in Pension gegangen und hat ihr Amt abgegeben. Ihre Nachfolgerin Nicole Reinhard, die bisherige Direktorin des Stadtkino Basel und Kodirektorin des Bildrausch-Filmfests, hat ihre neue Stelle am 1. Dezember übernommen. Solche Abgänge und Neuanfänge sind nicht nahtlos zu bewerkstelligen, und so kam es faktisch zu einem kurzen Interregnum.

Das heisst nun nicht, dass in Abwesenheit leitender Katzen die Mäuse getanzt hätten. Das treffendere Bild für das Filmpodium mit seinen langen Planungsfristen ist dasjenige eines schweren Tankers, der noch ein gutes Stück auf seinem Kurs weiterschippert, auch wenn die Kapitänin die Kajüte geräumt hat und ihre Nachfolgerin noch nicht am Ruder steht.

So präsentieren wir denn in diesem Programm das vertraute Stummfilmfestival, das 2021 Covid-19-halber ausfallen musste und nun nachgeholt wird, mit einigen inhaltlichen Retuschen, einer grossen Vielfalt von musikalischen Gästen und erstmals konzentriert auf die Wochenenden, damit echte Festivalstimmung aufkommen kann.

Die zweite Hauptreihe ist ebenfalls von langer Hand und gemeinsam mit dem Zurich Film Festival geplant: Paul Schrader, der am ZFF 2021 den Lifetime Achievement Award erhielt, wird mit einer Retrospektive gewürdigt, die er selbst verdankenswerterweise tatkräftig unterstützt hat. Seine oft beklemmenden Studien über toxische Männlichkeit und Vereinsamung, ländlichen Puritanismus und urbane Permissivität, welche die Wertekonflikte in den heute so zerrissenen Vereinigten Staaten seit Langem thematisieren, werden ergänzt mit einer Aufzeichnung des ZFF-Masters-Gesprächs, in dem Schrader über sein Schaffen Auskunft gab.

Die dritte Hauptreihe ist einer weiteren langjährigen Kooperation zu verdanken: Das Museum Rietberg hat seiner Ausstellung über narrative Kunst in Japan eine zweite über das Erzählen im Manga folgen lassen. Wir zeigen eine Auswahl internationaler Verfilmungen von Mangas, aber Achtung: Die Palette ist sehr breit. Von putzigen Animes für die ganze Familie reicht das Spektrum bis zu rabiatesten Realfilmen, die nichts sind für kunstsinnige, zarte – ja selbst recht abgebrühte – Gemüter.

Im Februar/März-Programm wird sich dann die Handschrift von Nicole Reinhard bemerkbar machen. Wir hoffen aber, dass Sie auch im abwechslungsreichen Angebot der kommenden sechs Wochen schon auf Ihre Rechnung kommen.

Michel Bodmer

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