Editorial: Revolution und Retrospektive

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Nach 2012 und 2014 findet bereits zum dritten Mal das Arab Film Festival Zurich im Filmpodium statt. In den letzten zwei Jahren hat sich im postrevolutionären arabischen Raum nicht nur die politische Lage verändert, sondern mit ihr auch das Kino. Letzteres bleibt erstaunlich lebendig und vielfältig. Die Auseinandersetzung mit der Gegenwart und der älteren wie jüngeren Vergangenheit nimmt höchst unterschiedliche Formen an, im Mittelpunkt der Filme unserer Auswahl steht aber immer der Mensch.

Selbst im Chaos von Syrien wird gedreht. Neben dem «Guerrilla»-Filmschaffen, das von Organisationen wie Abounaddara und Bidayyat im Internet verbreitet wird, erweisen sich sogar staatlich geförderte Werke wie Four O’Clock, Paradise Time von Mohamad Abdulaziz als erstaunlich kritische Kommentare zum Bürgerkrieg. Auch der Blick zurück ist nicht nur nostalgisch: Der algerische Altmeister Mohammed Lakhdar-Hamina erinnert in Crépuscule des ombres an die Rebellion seines Volks gegen die französische Kolonialmacht, und Mohamed Amin Benamraoui erzählt im autobiografischen Adios Carmen von einer Zeit, als Europäer in Marokko Asyl suchten.

Wer sich also ein Bild von der arabischen Welt machen will, das über den eingeschränkten Fokus der aktuellen Medienberichterstattung hinausgeht, kommt am 3rd Arab Film Festival Zurich auf seine Rechnung, nicht zuletzt in der Begegnung mit den arabischen Filmschaffenden, die vom 16. bis 20. November im Filmpodium zu Gast sind.

Wer sich auf diese Konfrontation mit dem Heute nicht einlassen mag – oder zwischendurch eine Abwechslung wünscht –, ist mit unserer zweiten Hauptreihe gut bedient. Die erste grosse Retrospektive, die das Filmpodium Jean Gabin widmet, zeigt den französischen Star in Filmen aus fünf Jahrzehnten. Vom romantischen Jungspund über Einzelgänger und Aussenseiter, Aufrechte und Dickköpfe bis hin zum Grandseigneur des Gangsterfilms reicht die breite Rollenpalette des kernigen Charakterkopfs, der mit den bedeutendsten Cineasten des französischen Kinos zusammengearbeitet hat. Zu den Highlights der Reihe zählen neben Klassikern von Marcel Carné und Jean Renoir auch selten gesehene Frühwerke wie Gueule d’amour von Jean Grémillon und Julien Duviviers La belle équipe, die durchaus schon etwas Weihnachtsstimmung aufkommen lassen.

Wir wünschen Ihnen bereits jetzt frohe Festtage und hoffen, dass Sie uns auch im nächsten Jahr auf solchen cineastischen Entdeckungsreisen begleiten.

Ein Editorial von Corinne Siegrist-Oboussier & Michel Bodmer

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