Simone Signoret hat Dutzende von Filmen gedreht, und während deren Qualität nicht immer über jeden Zweifel erhaben war, hat sie sich eigentlich immer gut aus der Affäre gezogen: Ihr beherrschtes, intelligentes Spiel machte ihre Figuren überzeugend, selbst wenn der Rahmen nicht immer stimmte.
Unsere Reihe hätte noch viele weitere bzw. andere Titel umfassen können. So ist etwa keine einzige Simenon-Adaption vertreten, obschon Signoret in dessen Universum der mehr oder weniger dunklen Grautöne bestens hineinpasste. Le chat (1971) von Pierre Granier-Deferre haben wir vor knapp einem Jahr im Rahmen der Jean-Gabin-Reihe gezeigt; von Granier-Deferres La veuve Couderc (1971), in dem Signoret sich erstmals neben Alain Delon behauptete, ist leider keine spielbare Kopie verfügbar.
Interessant sind neben Macadam und Dédée d’Anvers auch weitere Frühwerke Signorets, etwa Yves Allégrets rabenschwarzes Ehedrama Manèges (1949), dessen Misogynie heute freilich kaum zu ertragen ist, oder der unerbittliche Film noir Gunman in the Streets (1950) von Frank Tuttle. In Altmeister Marcel Carnés Verfilmung von Émile Zolas Thérèse Raquin (1953) bewährt sich Signoret ebenso wie in Luis Buñuels Dschungelabenteuer La mort en ce jardin (1956). Nach ihrer umstrittenen Reise in die Sowjetunion mit Yves Montand und der DDR-Koproduktion von Les sorcières de Salem (1957) wurde Signoret in Frankreich vorübergehend nicht mehr engagiert und wich nach Großbritannien aus. Nicht nur in Room at the Top behauptete sie sich auf Englisch; auch gegenüber Laurence Olivier in Term of Trial von Peter Glenville (1962) und neben James Mason in Sidney Lumets Le-Carré-Adaption The Deadly Affair (1966). Wiederholt ließ sie sich auch auf Rollen in Erstlingswerken junger, ambitionierter Filmschaffender ein, so bei Les mauvais coups von François Leterrier (1961) und später bei La chair de l’orchidée (1975) von Patrice Chéreau. Im raffinierten Thriller Compartiment tueurs (1965) von Costa-Gavras trat Signoret nicht nur mit ihrem zweiten Mann Montand auf, sondern auch erstmals neben ihrer Tochter, Catherine Allégret, die später in Les granges brûlées mitwirken sollte. Kein Vorführmaterial gibt es derzeit leider von Moshé Mizrahis Chère inconnue (1980), der deutlich weniger kitschig ist als der bekanntere La vie devant soi. Immerhin sind die meisten dieser Filme auf DVD erhältlich, wenn auch nicht auf Streaming-Plattformen.
Michel Bodmer