In Kooperation mit dem Netzwerk Bla*Sh (BlackShe – Netzwerk Schwarzer Kulturschaffender Frauen in der Deutschschweiz) hat das Filmpodium eine Auswahl von Filmen rund um Schwarze Frauen zusammengestellt. Die Reihe richtet den Blick nicht nur auf Schwarze Regisseurinnen und Schauspielerinnen, sondern rückt auch die Lebens- und Alltagsrealitäten Schwarzer Frauen in den Mittelpunkt und macht so ihre oft marginalisierten Geschichten und Erfahrungen sichtbar.
Hier stellen wir Ihnen Empfehlungen vor von Mitgliedern von Bla*Sh für einzelne Filme aus der Reihe.
The Fits von Anna Rose Holmer (2015)
Leider stellen Filme das Erwachsenwerden Schwarzer Mädchen selten dar, ohne dieses in eine Geschichte von Trauma zu verwandeln. Der Film The Fits ist insofern eine Ausnahme. Sie folgt der coming-of-age Geschichte der scheuen Tomboy Tony (Royalty Hightower), die auf der Suche nach Sisterhood sowie ihrer eigenen Weiblichkeit ist. Als ihre Bewunderung für das «drill team» ihrer High School sie dazu motiviert, an einer Talentprobe teilzunehmen, bemerkt sie, wie die Mädchen im Team – eines nach dem anderen – von The Fits befallen werden. Der Film handelt von den Herausforderungen (z. B. regelmässigen körperlichen Veränderungen) und Möglichkeiten, die das Frauenwerden ausmachen. — Cassandra Mark-Thiesen
The Watermelon Woman von Cheryl Dunye (1996)
Wer kennt sie: «the Watermelon Woman»? Wer ist sie? Sie ist nicht nur ein Filmstar, sondern auch Musikerin. Und Schwarz. Und lesbisch. Und genau darum geht es! Die Geschichten von Schwarzen Frauen werden kaum erzählt. Sind kaum sicht- und hörbar. Wie kommt es, dass Schwarze Schauspielerinnen im Abspann nicht mit Namen, sondern nur mit der Rolle bezeichnet werden? Deshalb nimmt Cheryl Dunye die Spurensuche auf; erzählt eine Geschichte Schwarzer Frauen und bildet ein schillerndes Narrativ. Und gibt uns dabei viel von ihrem eigenen Alltag preis. Und gibt uns Schwarzen Frauen eine Geschichte. — Rahel El-Maawi
Middle of Nowhere von Ava duVernay (2012)
Ava duVernay erzählt die Geschichte der Krankenpflegerin Ruby (Emayatzy Corinealdi), die auf die Freilassung ihres inhaftierten Mannes wartet. Wie in ihrem Dokumentarfilm «13th» (2016) schneidet duVernay hier das brisante Thema der Masseninhaftierung Schwarzer Amerikaner an. Trotz politischem Unterton handelt es sich bei Middle of Nowhere jedoch vor allem um eine ruhige, fast melancholische Studie der Innenwelt von Ruby. Schrittweise hinterfragt Ruby ihr Leben und befreit sich somit von den Erwartungen anderer; von Vorstellungen darüber, wie sich eine «gute Ehefrau» oder eine Strong Black Woman zu verhalten hat. Es ist eine Geschichte der Selbstermächtigung, aber ohne Pathos. Dies zeigt sich am eindrücklichsten in den Gesprächen zwischen Ruby und ihrer Schwester, sowie ihrer Mutter – und hier um einiges mehr als in der Liebesgeschichte zwischen Ruby und dem Busfahrer Brian, die vergleichsweise konventionell daherkommt. — Sarah Owens
Belle von Amma Asante (2013)
«Ein wohltemperiertes Bildungskino, dass die Gemüter kaum erhitzt» urteilte das Filmmagazin Cinema über Belle, den Film der Regisseurin Amma Asante. Wohl wahr, der Film ist ein romantisches Kostümdrama und spielt im England des 18. Jahrhunderts. Mit dieser Einschätzung übersah das Magazin jedoch den bestechenden Konventionenbruch. Der liegt nämlich in der Hauptfigur selbst: Dido Elizabeth Belle (Gugu Mbatha-Raw), Tochter eines britischen Admirals und einer Schwarzen Sklavin, die mit ihrem Grossonkel aufwächst, dem obersten Richter des Landes. Es ist die Geschichte einer historischen Figur, die es nicht hätte geben sollen, weder in den Gemälden der damaligen Zeit, noch in der kollektiven Erinnerung heute. Die Schwarze Aristokratin ist reicher als die meisten ihres Standes, Abolitionistin und in konfliktiver Liebe mit ihren Nächsten, dem Vater, dem Grossonkel und der Schwester. Die Perlen des Films sind die Szenen zwischen Belle und der (wenig ausgearbeiteten) Schwarzen Hausangestellten. Sie wecken den Wunsch nach einem weiteren Narrativ, in dem Belle ihre Einsamkeit nicht nur in der Liebesbeziehung zum weissen abolitionistischen Studenten überwindet, sondern auch in Verbindung mit anderssituierten Schwarzen Frauen. — Jovita Pinto
Bande de filles von Céline Sciamma (2014)
Bande de filles erzählt nüchtern und doch mit zauberhaftem Glanz die Geschichte der 16-jährigen Marieme (Karidja Touré), die in der Pariser Banlieue aufwächst. Ohne sich dem Voyerismus eines Sozialdramas hinzugeben, zeigt der Film das Leben dieser jungen Schwarzen Frauen unaufdringlich nah. Wider dem Titel Bande de filles ist es nicht bloss ein Film über eine raue Mädchengang, die sich behaupten muss. Es ist eine Geschichte über liebevolle Sisterhood und Loyalität, sowie dem Versuch gegen die Realität, in der sie als Schwarze junge Frau lebt, mutig aufzubegehren. Und zwar nicht als Einzelkämpferin, sondern gestärkt durch die Solidarität unerschütterlicher Freundinnenschaft zwischen Schwarzen jungen Frauen. — Rafa Siegenthaler
Weiterführende Links zum Thema «Schwarz und Film»:
«Der schwarze Film feiert eine Renaissance» in der NZZ am Sonntag
«The Black Film Canon» vom Slate Magazine