Editorial: Wahlverwandtschaften und Filmfamilien

Only Lovers Left Alive von Jim Jarmusch

Film ist Teamarbeit. Film verbindet. Nicht selten wird daher aus einem Filmteam eine Filmfamilie – manchmal nur für die Dauer eines Projektes, manchmal für ein Leben. Unser Programm ist sprechender Beweis für diese vielfältigen Familienbande: Tilda Swinton, die am 31. Mai unser Kino zum Strahlen bringen wird, ist so ein Familienmensch: Als Derek Jarmans schöpferische Muse, enge Freundin und Nachlassbewahrerin hat sie den Künstler durch sein Leben und darüber hinaus begleitet. Wir präsentieren die schwindelerregende Schaffensvielfalt der Ikone Swinton, die sich mühelos und genderfluid zwischen Experiment und Mainstream bewegt und für wahrhaftiges Kino einsteht – vor und hinter der Kamera. Mit dem schottischen Filmemacher Mark Cousins etwa hat sie ein Wanderkino gegründet, das Filmkunst in die entlegenen Hügel der Highlands bringt. Und sie ist Erzählerin in seinen Dokumentarfilmen zur Geschichte des Kinos. Wir laden zu Cousins’ neustem Streich A Story of Film: The New Ge­neration und einer Begegnung mit ihm am 19. April

Mit «Cinema Seen Through the Eyes of: …» starten wir ein neues Format: Wir bitten wegweisende Filmpersönlichkeiten, uns Filmgeschichte durchihre Augen erleben zu lassen. Unser erster Gast, die britische Filmemacherin Joanna Hogg, bereitet uns gleich eine Überraschung: Nicht Avantgardekino, wie zu erwarten wäre, prägt ihre Auswahl, sondern Hollywoodmusicals. Am 6. Mai erzählt sie uns, was es damit auf sich hat. Ihre eigenen Arbeiten zeigt das Kino Xenix in einer Werkschau – inklusive Hoggs autobiografischer Souvenir-Filme mit Freundin Swinton in einer der Hauptrollen. Wir freuen uns über die Kooperation mit dem Xenix und sagen: Filme zeigen verbindet – und nutzen diese Feststellung für einen grossen Dank ans eigene wunderbare Team. Pier Paolo Pasolini, Intellektueller, Autor, Regisseur – er wäre im März 100 Jahre alt geworden. Wir ehren Pasolini im Kontext des zeitgenössischen italienischen Kinos mit selten gesehenen Werken von Cineast:innen, die er mitgeprägt hat, und legen auch hier Seelenverwandtschaften frei. Im Zentrum der Retro: ein prominent besetztes Podium und eine Lyrik-Lesung, mit der wir uns dem streitbaren Freigeist nähern. Mit diesem Feuerwerk an Veranstaltungen und Gästen verabschieden wir uns für einen Monat von Ihnen, denn die technischen Anlagen im Filmpodium müssen dringend überholt werden. Wir werden Sie vermissen und freuen uns auf ein Wiedersehen am 1. Juli, denn: Auch Filme schauen verbindet!

Nicole Reinhard

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