DAS ERSTE JAHRHUNDERT DES FILMS: 1996

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Die Filmpodium-Filmliste fürs Jahr 1996.

Robby Müllers fiebrige Kamera in Lars von Triers Breaking the Waves steht den elegischen Bildkompositionen in Anthony Minghellas The English Patient gegenüber, die rauschhaften Aufnahmen aus Danny Boyles Drogentrip Trainspotting kontrastieren mit dem ironisch beobachtenden Blick des Kameramanns Roger Deakins in Fargo. In den unterschiedlichen Ästhetiken offenbaren sich in der Filmauswahl des Jahres 1996 Oppositionen: Während der dänische Regisseur kompromisslos die Formeln des Melodramas aufmischte – wie es vor ihm vielleicht nur Rainer Werner Fassbinder getan hatte – und damit in Cannes reüssierte, erweckte Minghella mit der Verfilmung von Michael Ondaatjes Roman die epischen Melodramen Lean’scher Ausprägung zu neuem Leben und dominierte nicht zufällig mit neun Auszeichnungen die Oscarverleihung. Demgegenüber manifestieren sich die rastlosen Bilderstürme in Trainspotting zusammen mit dem Soundtrack zwischen Brit-Pop und Punk zu einem ebenso verstörenden wie einnehmenden Porträt einer Generation im Zeichen der Antriebslosigkeit und des Drogenkonsums, das Danny Boyle und die nun nicht mehr gar so junge Schauspielerriege um Ewan McGregor Anfang des kommendes Jahres mit T2: Trainspotting weiterschreiben werden.
Weit vorsichtiger tastet sich die Kamera in Fargo an das Geschehen heran, um subtil die tragische Ironie hinter den Schicksalen seiner Charaktere herauszuarbeiten. In den trostlosen Weiten von Minneapolis eskalieren die Geschehnisse, färbt das Blut den Schnee rot und zeigt sich die für die Coen-Brüder typische Absurdität menschlicher Unzulänglichkeit in vollendeter Form. Ebenfalls mit einem beobachtenden Auge, das den vordergründigen Pomp von Versailles jedoch entlarvt, erinnert Patrice Lecontes Ridicule nicht von ungefähr an Stephen Frears’ Dangerous Liaisons. In den Blicken und Gesten zwischen den Protagonisten offenbaren sich die Abgründe am Hofe, die sich in den Dialogen nur andeuten.

  • Tierra Julio Médem, Spanien

Weitere wichtige Filme von 1996

Crash David Cronenberg, Kanada/GB
Fire Deepa Mehta, Kanada/Indien
Jenseits der Stille Caroline Link, D
Kolja Jan Svěrák, Tschechien/GB/F
La Promesse Jean-Pierre Dardenne, Luc Dardenne, Belgien/F
Microcosmos: Le peuple de l’herbe Claude Nuridsany, Marie Pérennou, F/I/Schweiz
Nacht der Gaukler Michael Steiner, Schweiz
Pusher Nicolas Winding Refn, Dänemark
Scream Wes Craven, USA
Secrets & Lies Mike Leigh, GB/F
Shall We Dansu? Masayuki Suo, Japan
Tesis Alejandro Amenábar, Spanien
The Rock Michael Bay, USA
Tierra Julio Médem, Spanien
Un héros très discret Jacques Audiard, F
William Shakespeare’s Romeo + Juliet Baz Luhrmann, USA

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