PODIUMSDISKUSSION: ALBANIEN IM FILM

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Über das albanische Kino der Ära Hoxha, das Filmschaffen im albanischen Kulturraum seit der Wende und die Aussensicht auf Albanien im westeuropäischen Kino diskutierten unsere Gastkuratorin Louise Burkart am 7. März 2020 mit folgenden Gästen:

Iris Elezi, Regisseurin von «Bota» und Leiterin des albanischen Filmarchivs; Thomas Logoreci, Ko-Regisseur von «Bota», Fatmir Koçi, Regisseur von «The River That Never Runs Dry» und «Tirana, année zéro», und Albana Rexhepaj (Gesellschaft Schweiz-Albanien).

Die Einführung ist auf Deutsch, die anschliessende Diskussion fand auf Englisch statt.

Dieser Anlass wurde unterstützt vom Förderverein Lumière.

Editorial: Cinéma du marché

«Es gibt keine Garbo, es gibt keine Dietrich, es gibt nur Louise Brooks!» Also sprach Henri Langlois, Direktor der Pariser Cinémathèque, und lancierte in den 50er-Jahren das Revival dieser fast vergessenen Ikone. Es gibt viele gute Gründe, Brooks eine Reihe zu widmen.

Aber Louise Brooks und gleichzeitig King Vidor? Zweimal Hollywood mit Stummfilmen? Das ist weder komplementär noch publikumsfreundlich!

Nun, auf den ersten Blick ist das tatsächlich so. Und es war ja auch anders geplant: Im April/Mai-Programm sollten ursprünglich der längst vorgesehenen Brooks-Retrospektive Filme aus Albanien gegenübergestellt werden. Da jedoch die Filmarchive viele Unikate und Raritäten aus ihren Beständen nicht mehr oder nur noch selten herausrücken, sind wir beim Kuratieren zunehmend gezwungen, auf die augenblickliche Verfügbarkeit von Material auf dem «Markt» zu reagieren. Es stellte sich heraus, dass die albanischen Filmklassiker aus der Hoxha-Zeit im Februar in Wien und Frankfurt laufen und im März in Zürich gezeigt werden müssen, da diese Kopien nicht beliebig lange im Umlauf sein dürfen. Und dann bot die Berlinale dem Filmpodium an, ihre diesjährige Retrospektive zu King Vidor zu übernehmen, was ebenfalls nur zeitlich befristet möglich war. Das Brooks-Programm zu verschieben, war jedoch keine Option; bei der ZHdK war bereits ein Plakat in Arbeit und dessen Aushang gebucht. So sind wir mitunter durch die Fristen anderer Institutionen fremdbestimmt. «Editorial: Cinéma du marché» weiterlesen

Albanien im Film: Zum geschichtlichen Hintergrund der Filmreihe

Die Geschichte Albaniens ist äusserst komplex und kein kurzer Abriss kann ihr gerecht werden. Für das bessere Verständnis der Filme unserer Reihe ist es jedoch dienlich, wenigstens eine ganz grobe Orientierung zu haben, auf welche historischen Phasen und Ereignisse sich Handlungen und Motive beziehen.

Albaniens Frühgeschichte ist höchst wechselhaft; die Region gerät oft unter die Herrschaft fremder Mächte (Rom, Bulgarien, Normannen, Byzanz). Nach dem Zerfall des Byzantini­schen Reichs im 13. Jh. etablieren sich einige einheimische Fürstentümer. 1443-68 wehrt Gjergj Kas­trioti, Fürst von Kruja, genannt «Skanderbeg», die vordringenden Türken ab und ist deshalb noch heute ein Nationalheld. Nach seinem Tod aber wird das Land Teil des Osmanischen Reichs und die Mehrheit der Albaner tritt in den folgenden vier Jahrhunderten zum Islam über.

1912–1944: Unabhängigkeit und italienische Fremdherrschaft

Nach dem Ersten Balkankrieg wird 1912 ein unabhängiger albanischer Staat ausgerufen; die Grenzen ziehen 1913 jedoch die Siegermächte: Kosovo und Teile von Nordmakedonien, wo viele Albaner leben, werden zu Jugoslawien geschlagen. Erst 1922, nach den Wirren des Ersten Weltkriegs, ist Albanien wirklich autonom. Durch den Tirana-Pakt (1926/27) wird es aber immer mehr vom faschistischen Italien abhängig, obschon sich Ahmet Zogu 1928 zum König ausrufen lässt. 1939 wird Albanien von Italien annektiert und bis 1944 ist es von den Achsenmächten besetzt, gegen die sich Partisanen zur Wehr setzen.

Filme über diese Zeit: The Bride and the Curfew, The River That Never Runs Dry, Les coquelicots sur les murs, Tomka and His Friends, Things That Do Not Change

Tomka and His Friends (Xhanfise Keko, Albanien 1977)
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Lumière Einladung: Albanien im Film

Arta Dobroshi in «Le Silence de Lorna» (Jean-Pierre Dardenne, Luc Dardenne, Belgien/Frankreich/Italien/Deutschland 2008)

Politisch jahrzehntelang von Westeuropa abgeschottet, entwickelte Albanien unter Enver Hoxha ein Filmschaffen nach dem Vorbild des propagandistischen Sowjetkinos. Trotzdem hinterliessen auch westliche Einflüsse ihre Spuren. Seit dem Sturz des kommunistischen Regimes 1990 wirft eine neue Generation von albanischen Filmschaffenden einen kritischen Blick auf ihre Heimat, auch im Kosovo. Parallel dazu entstanden unter Mitwirkung von Angehörigen der Diaspora auch Aussensichten auf Albanien.

Lumière unterstützt die Filmreihe und Sie können gegen Vorweisen Ihres Lumière-Ausweises mit aktueller Jahresmarke zwei Freikarten für eine der folgenden Vorstellungen oder für die Podiumsdiskussion «Albanien im Film» an der Kinokasse beziehen.

Fr., 6.3.2020, 18:15, Magic Eye, (Syri magjik), in Anwesenheit von Arta Dobroshi
Fr., 6.3.2020, 20.45, Le silence de Lorna, in Anwesenheit von Arta Dobroshi
Sa., 7.3.2020, 15:00, Tirana, année zéro, in Anwesenheit von Fatmir Koçi
Sa., 7.3.2020 18:15, Podiumsdiskussion, «Albanien im Film»
Sa., 7.3.2020, 20:45, Bota, in Anwesenheit von Iris Elezi & Thomas Logoreci
So., 8.3.2020, 20:45, Vergine giurata, in Anwesenheit von Elvira Dones

Das erste Jahrhundert des Films: 1930

Morocco (Josef von Sternberg, USA 1930)

1930 traf die Weltwirtschaftskrise Deutschland besonders schwer und beendete die Goldenen Zwanziger: Massenarbeitslosigkeit und Armut führten zur politischen Radikalisierung der Bevölkerung und zum Aufstieg der NSDAP. 1930 gilt aber auch als das Jahr, in dem sich der Tonfilm durchsetzte. Zum ersten deutschen Tonfilmklassiker wurde Der blaue Engel, durch den Marlene Dietrich als fesche Lola über Nacht zum Star avancierte und der die langjährige Zusammenarbeit zwischen ihr und Josef von Sternberg begründete. Noch in der Premierennacht reiste sie mit dem Regisseur nach Hollywood und drehte mit ihm und an der Seite von Gary Cooper kurz darauf Morocco, ein Meisterwerk der Licht- und Tondramaturgie, das sie als befrackte Diseuse zur glamourösen Kunstfigur erhob und ihr eine Oscarnominierung einbrachte. «Das erste Jahrhundert des Films: 1930» weiterlesen

Editorial: Blaues Auge, schwarze Null

Arta Dobroshi in Le silence de Lorna von Jean-Pierre Dardenne und Luc Dardenne

Das Jahr 2019 brachte für die Schweizer Kinos wenn nicht eine Wende, so doch eine erfreuliche und überraschende Verschnaufpause: Nach mehrjähriger Erosion des Publikums stiegen die Eintrittszahlen erstmals wieder etwas an. Die Auguren der Branche machen dafür das gegenüber dem Vorjahr schlechtere Wetter verantwortlich und ein Filmangebot, das neben Mainstream-Hits auch starke und populäre Arthouse-Filme bot, etwa Bong JoonHos Parasite, der über 80000 Eintritte verbuchte.

Das Filmpodium hat seinen Zuschauerdurchschnitt pro Vorstellung ebenfalls leicht steigern können, zumindest hinter dem Komma: Er liegt aktuell bei 34,64 Eintritten pro Vorstellung (2018: 33,79). Zu dieser statistischen schwarzen Null beigetragen haben einige sehr gut beachtete Sonderveranstaltungen, die von externen Partnern angeregt wurden: Die Filme im Rahmen der Ringvorlesung zum 30. Jubiläum des Seminars für Filmwissenschaft brachten scharenweise Studierende ins Filmpodium und auch das kleine Buster-Keaton-Festival des IOIC zwischen den Jahren erfreute sich weit überdurchschnittlicher Beachtung. Immerhin lockte auch das hauseigene Filmbuff-Quiz fast 200 Personen an, und die neue Idee, freie Programmplätze kurzfristig und mit Aktualitätsbezug zu bespielen, geniesst guten Zuspruch. Neben dem Stummfilmfestival wurden die Woche der Nominierten für den Schweizer Filmpreis, die Jahrhundertfilmreihe und die Billy-Wilder-Retrospektive besonders gut besucht. Durchaus mehr Beachtung bzw. Entdeckerfreude verdient hätten allerdings die Zyklen zu Edward G. Robinson, Joe May, Youssef Chahine, Luis Buñuel und Hal Hartley sowie die Raritäten in der Locarno-Retrospektive «Black Light». Wir sind also in Sachen Publikumsstatistik mit einem blauen Auge davongekommen. «Editorial: Blaues Auge, schwarze Null» weiterlesen

Lumière-Einladung Stummfilmfestival: «Moulin Rouge» & «L’Hirondelle et la Mésange»

Vom 9. Januar bis zum 5. Februar 2020 werden die Filme des 17. Zürcher Stummfilmfestivals während vier Wochen wieder dazu beitragen, den Begriff «Stummfilm» mit reichem, vielfältigem, relevantem und poetischem Leben zu füllen. Es lädt ein zum vergnüglichen Erlebnis, sich dem Sog der Bilder und der Begleitmusiken hinzugeben und zu staunen, wie sich Geschichten ganz ohne gesprochene Worte erzählen lassen. Martin Girod, ehemaliger Koleiter des Filmpodiums, hat unser jährliches Stummfilmfestival erschaffen und bisher hauptsächlich kuratiert.

Live begleitet werden diese Meilensteine wie immer von einer erlesenen Garde von Musikerinnen und Musikern, die jede Filmvorführung zum einmaligen Event machen.

Lumière unterstützt das Stummfilmfestival und Sie können gegen Vorweisen Ihres Lumière-Ausweises je zwei Freikarten für folgende Filmvorstellungen an der Kinokasse beziehen.

Moulin Rouge, Donnerstag, 9. Januar, 20:00, live begleitet von Günter A. Buchwald (Flügel, Violine), Frank Bockius (Perkussion) und Bruno Spoerri (Saxofon).

L’Hirondelle et la Mésange, Mittwoch, 22. Januar, 20:45, live begleitet von Stephen Horne (Flügel, Flöte) und Elizabeth-Jane Baldry (Harfe).

Weitere Informationen zum Stummfilmfestival finden Sie auf der Website des Filmpodiums.

Reservieren können Sie telefonisch über die neue Nummer 044 415 33 66. 

Moulin Rouge (Ewald André Dupont, GB 1928)

Editorial: Eintritt immer freier

Dem Kino mangelt es bekanntlich an Publikumsnachwuchs. Die Digital Natives sind es gewohnt, Filme wo und wann immer sie wollen zu konsumieren, möglichst kostenlos und sei es nur auf dem Handy. Lichtspieltheater, zu denen man sich hinunbequemen muss, um Filme zu fixen, vorgegebenen Zeiten zu konsumieren, sind für sie nur wenig attraktiv – sofern sie solche Institutionen überhaupt noch auf dem Radar haben.

Das Filmpodium tut sich besonders schwer damit, junge Leute anzuziehen: Egal, wie toll unsere Klassiker sind und wie gut die Qualität der Kopie – die Filme im Programm sind oft älter als die Angehörigen der Generation Y und sie werden meist höchstens dreimal gezeigt. Ausserdem ist die Leinwand eher klein, die Sitze laden nicht zum Abhängen oder Knutschen ein, und Popcorn gibt’s auch nicht, nur schwer verdauliche Untertitel.

Immer mal wieder wird überdies bemängelt, der Eintrittspreis sei zu hoch. In den letzten Jahren haben wir deshalb verschiedene Ermässigungsvarianten geschaffen, die unser Kulturangebot für junge Filmfans mit kleinem Budget niederschwelliger machen sollten: das Jahrhundert-Abo, Sonderangebote für Filmstudierende oder das U25-Abo, ein Halbtax-Abo zum halben Preis für Unter-25-Jährige. Keines dieser Angebote fand den erwünschten Zuspruch. Möglicherweise liegt es an der Form der Vergünstigung an sich, dem Abo: Junge Leute wollen sich nicht auf längere Zeit binden. Abo, das klingt nach Verpflichtung und verplanter Freizeit.

Also haben wir uns gesagt: dann halt ohne! Ab sofort können alle Unter-25-Jährigen, egal ob in Ausbildung oder nicht, zum halben Preis ins Filmpodium, ganz ohne Abo oder sonstige Verbindlichkeiten, spontan, einmalig oder auch regelmässig. «Editorial: Eintritt immer freier» weiterlesen

DAS ERSTE JAHRHUNDERT DES FILMS: 1999

Fight Club (David Fincher, USA 1999)

Kurz vor der Jahrtausendwende, als die Welt vor dem Millennium Bug zittert und sich unheilvolle Spekulationen und Szenarien überschlagen, stürmen wie selten zuvor originelle und wegweisende Produktionen die Leinwand: Filmemacher brechen mit Regeln und Traditionen des Kinos und erfinden neue Erzählformen und Effekte. Um Körperlichkeit, Maskulinität und Identitätskrisen kreisen viele dieser Filme, so etwa David Finchers grossartig inszenierter Thriller Fight Club, der die Kritiker polarisiert, im Kino hinter den Erwartungen zurückbleibt, auf DVD aber zum Kultfilm avanciert und Einzug in die Popkultur findet; oder Claire Denisʼ rätselhafter, berauschender Beau travail, in dem die Regisseurin die dunklen Randzonen des Begehrens erforscht und ihren Blick auf französische Fremdenlegionäre richtet, die halb nackt unter der Wüstensonne exerzieren.

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