Für unsere Reihe «Das erste Jahrhundert des Films» können Studierende und alle anderen in Ausbildung auch im Kalenderjahr 2019 wieder von einem neuen Spezial-Abo profitieren: Das Abo für 50 Franken gewährt freien Zutritt zu den rund 60 Filmen dieser Reihe. Das Jahrhundert-Abo ist gegen entsprechenden Ausweis an der Kinokasse erhältlich.
Einzelne Filme (siehe untenstehende Liste) werden durch Mitarbeitende und Studierende des Seminars für Filmwissenschaft der Universität Zürich eingeführt; die Termine werden laufend in der untenstehenden Liste nachgetragen.
Das Filmjahr 1988 wird durch zwei Werke geprägt, die entscheidend zum Boom des dokumentarischen Kinos beigetragen haben: Im monumentalen Hôtel Terminus: The Life and Times of Klaus Barbie zeichnet Marcel Ophüls nicht nur das Lebens eines NS-Kriegsverbrechers nach, sondern fragt nach den Bedingungen, unter denen eine solche Figur mächtig und nach dem Krieg als Agent für den US-Geheimdienst und die Diktatur Boliviens tätig werden konnte. Seine filmische Abrechnung hat bis heute nichts von ihrer Kraft und Relevanz verloren. Zwiespältige Menschen hat auch Errol Morris immer wieder porträtiert. In The Thin Blue Line vermischt er virtuos Interviewmaterial mit inszenierten Sequenzen. Es gelingt ihm, die Hintergründe eines Justizskandals blosszulegen und die Unschuld eines vermeintlichen Mörders zu beweisen; der Fall wird erneut aufgerollt und der zu Tode Verurteilte freigesprochen. Damit stellt Morris eindrücklich die Wirkungsmacht eines Films unter Beweis. Weniger an der dokumentarischen Richtigkeit, sondern am Prozess des Erinnerns interessiert ist der britische Ausnahmeregisseur Terence Davies, der im poetischen Distant Voices, Still LivesBilder seiner eigenen Kindheit im Liverpool der 40er- und 50er-Jahre heraufbeschwört. «DAS ERSTE JAHRHUNDERT DES FILMS: 1988» weiterlesen →
Mit Mike Nichols’ The Graduate und Bonnie and Clyde von Arthur Penn kündigt sich 1967 New Hollywood an, während D. A. Pennebaker mit Don’t Look Back dem kürzlich mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichneten Bob Dylan ein ambivalentes Porträt widmet und damit einen Klassiker des Direct Cinema schafft. In Frankreich arbeitet Jacques Tati parallel zur Nouvelle Vague am eigenen Universum; von der Moderne fasziniert und ihr gegenüber gleichzeitig kritisch eingestellt, treibt er sein ironisches Spiel mit Play Time auf die Spitze. Zuvor eher für klaustrophobische Charakterstudien bekannt, wagt sich Roman Polanski mit The Fearless Vampire Killers erfolgreich ins Komödienfach. Heimlich unter der Militärdiktatur in Brasilien gedreht, wurde Glauber Rochas Terra em transe in Cannes sowie Locarno ausgezeichnet und beeinflusste das brasilianische Cinema novo nachhaltig. «DAS ERSTE JAHRHUNDERT DES FILMS: 1967 & 1977» weiterlesen →
Bereits in den Jean-Gabin-FilmenLa grande illusionund Pépé le Mokoaus dem vergangenen Dezember-Programm zeigte sich die allgemeine Verunsicherung, die sich 1937 in Europa breitmachte. Wie bei diesen Filmen des Poetischen Realismus lädt Detlef Sierck (später: Douglas Sirk) in Zu neuen Ufern die Mise en Scène emotional auf, und die Verzweiflung seiner weiblichen Hauptfigur, gespielt vom späteren Star des nationalsozialistischen Filmschaffens, Zarah Leander, spiegelt sich in den Dekors. In einer durch das Propagandaministerium streng regulierten Filmindustrie und zu einer Zeit, in der sich der Antisemitismus immer schärfer artikuliert (etwa mit der Wanderausstellung «Der ewige Jude»), vermag Sierck subversiv ein allgemeines Gefühl der Hoffnungslosigkeit und der Orientierungslosigkeit zu zeichnen. «DAS ERSTE JAHRHUNDERT DES FILMS: 1937» weiterlesen →
1966/1976 sind Jahrgänge der Grenzüberschreitungen: Michelangelo Antonionis freizügiger Thriller Blow-up und die kompromisslose Theateradaptation Who’s Afraid of Virginia Woolf? sorgen 1966 für Aufruhr und die Einführung einer Altersgrenze durch die Motion Picture Association of America. Der antikolonialistische Kriegsfilm La battaglia di Algeri veranlasst Frankreich dazu, die Filmfestspiele in Venedig zu boykottieren, wo das Werk am Ende den Hauptpreis erhält. In Sergio Corbuccis Django werden die Versatzstücke des Westerns und die Gewalt, mit denen bereits Sergio Leone spielte, ins Exzessive übersteigert. Bourvil und Louis de Funès beweisen in La grande vadrouille, dass Krieg komisch sein kann, während Ingmar Bergman mit Persona den Zuschauer psychisch fordert und Alexander Kluges Abschied von Gesternendgültig «Papas Kino» begräbt.
20 Jahre nach The Searchers schickt Martin Scorsese 1976 Travis Bickle in Taxi Driver ebenfalls auf einen Rachefeldzug, der in einem Blutbad endet. Gleichzeitig lässt Nagisa Oshimas Im Reich der Sinne Antonionis Sex-Darstellungen bereits eine Dekade später harmlos erscheinen und wird in mehreren Ländern verboten. Bernardo Bertolucci stemmt mit Novecento ein Mammutprojekt, das die italienische Geschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in zwei Teilen und über fünf Stunden Laufzeit erzählt. Auf die unmittelbare Gegenwart nach dem Ende des Franco-Regimes blickt Carlos Saura in Cría cuervos, während sich Alain Tanner in Jonas qui aura 25 ans en l’an 2000acht Utopisten widmet. Den damaligen Medienbetrieb kritisierend, hat Sidney Lumets Network bis heute nichts von seiner Aktualität verloren. Schien es damals noch übertrieben, ist der Wutschrei «I’m as mad as hell, and I’m not going to take this anymore» des Fernsehmoderators Howard Beale erschreckend passend für die wachsende Zahl amerikanischer Protestwähler.
Au hasard Balthazar, Robert Bresson, F/Schweden
Die kleinen Margeriten, Věra Chytilová, ČSSR
Le deuxième souffle, Jean-Pierre Melville, F
Scharf beobachtete Züge, Jiří Menzel, ČSSR
The Good, the Bad and the Ugly, Sergio Leone, I/USA